26.4.08

wo kein kläger

die verbraucherzentrale baden-württemberg hat erfolgreich eine klage gegen bebivita angestrengt, damit der säuglingsnahrungshersteller sein unrühmliches werbeverhalten künftig unterlässt.

das ist eine wirklich löbliche aktion, doch leider fragen wir uns sofort, weshalb es solch eine bemühung nur gegen diesen eher kleinen hersteller gibt und warum nicht auch nestle und hipp mit ähnlichen klagen zu rechnen haben. auch deren werbemaßnahmen sind alles andere als astrein, worüber beispielsweise die aktionsgruppe babynahrung (AGB) immer wieder berichtet.

auch verwundert es, dass der staat selbst nicht aktiv wird. es scheint den behörden kein allzu wichtiges anliegen zu sein, sich um derartige machenschaften zu kümmern.
wenn ihr selbst die initiative ergreifen und verstöße gegen das säuglingsnahrungswerbegesetz (SNWG) melden wollt, so wendet euch an die dafür von staatlicher seite zuständigen ansprechpartner. deren adressen findet ihr hier.

schaut man sich die klage gegen bebivita mal genauer an, so fragt man sich, worum es eigentlich überhaupt ging. die verbraucherschützer monierten - sachlich völlig korrekt -, dass bereits nach dem 4. monat zugefüttert werden soll. bebivita wollte den müttern einreden, schon zu diesem zeitpunkt fleißig mit dem gläschenkaufen anzufangen, was wirtschaftlich gesehen verständlich ist, denn je früher die würmchen mit der breipampe vollgestopft werden, desto größer ist die gewinnspanne des unternehmens.

was uns dabei sauer aufstößt, ist die tatsache, dass das bundesinstitut für risikobewertung (BfR), an dem die nationale stillkommission (NSK) angesiedelt ist, das thema beikost im grunde ganz ähnlich sieht wie bebivita. dort lesen wir nämlich folgendes:

Säuglingsernährung umfasst zwei Phasen:
1. Ernährung ausschließlich mit Muttermilch oder ersatzweise mit Muttermilchersatzprodukten (erste 4-6 Lebensmonate)
2. Ernährung mit Muttermilch oder Muttermilchersatzprodukten ergänzt durch Beikost (frühestens ab 5. Lebensmonat, spätestens ab 7. Lebensmonat. [...]
Beikost bezeichnet alle speziell für Säuglinge (und Kleinkinder) hergestellten diätetischen Lebensmittel, die frühestens ab 5. Lebensmonat und spätestens ab 7. Lebensmonat die Ernährung mit Muttermilch bzw. Muttermilchersatzprodukten ergänzen sollen.


das landgericht münchen, das der verbraucherzentrale recht gab in der ansicht, dass kinder erst ab dem alter von 6 monaten beikost benötigen, widerspricht damit also der meinung des BfR und der NSK, für die die beikostphase ganz selbstverständlich - und entgegen der empfehlung der WHO - ab dem vollendeten 4. monat beginnt.
so etwas hinterlässt schon einen unguten beigeschmack. da ist ein gericht, das sich sonst um ganz andere dinge kümmern muss, besser und aktueller informiert als die "experten" des zuständigen ministeriums. das sollte zu denken geben.

vielleicht könnte die verbraucherzentrale auch mal das BfR wegen irreführender informationen verklagen. bei bebivita ist es ja noch einleuchtend, weshalb man solche fragwürdigen aussagen unters volk bringt: man will halt mehr geld verdienen. aber was das BfR davon hat, die behauptung zu verbreiten, dass babys schon ab dem 5. lebensmonat beikost brauchen, ist uns schleierhaft.

19.4.08

wenn in china ein sack reis umfällt...

manchmal fragt man sich, was die wirklich wichtigen dinge im leben sind.

eine sache gehört sicherlich nicht dazu, geistert aber ganz aktuell durch die englischsprachigen medien: uma thurman hat mal bei einer gala ein sehr durchsichtiges abendkleidchen angehabt, bei dem man "zufälligerweise" ihre brustwarzen sah, und jetzt hat sie mit david letterman darüber geredet. ahja.

oh mann...
will man so etwas vermeiden, zieht man halt etwas blickdichtes an - oder was ist sonst der zweck dieser aufreizenden stöffchen? abgesehen davon kann die knackige uma (die ihre kinder übrigens auch gestillt hat) es sich durchaus leisten, dass man etwas mehr haut von ihr sieht.

aber da wir euch auch über solche informationellen randbezirke auf dem laufenden halten, verweisen wir natürlich gerne auf entsprechende berichte der onlinegazetten.
und hier könnt ihr euch umas auftritt bei letterman ansehen (der spannende part beginnt bei minute 05:55).

wie dem auch sei, wir haben ein neues lieblingswort: nipplicious.

12.4.08

früher war alles besser

ob die behauptung stimmt, dass es in vergangenen zeiten um die stillkultur besser bestellt war als heute? überzeugt euch selbst.

iris geissler hat eine dissertation im fach philosophie verfasst zum thema
„Mutter und Kind“ – Mütterliche Handlungskompetenz im Spannungsfeld von Öffentlichkeit und Privatheit. Erziehungshandeln als Thema ausgewählter Frauenzeitschriften (1923 – 1944)".

die von ihr ausgewerteten frauenzeitschriften aus der ersten hälfte des zwanzigsten jahrhunderts sind als historische quellen sehr aufschlussreich und bieten spannende einblicke in stillempfehlungen und andere aspekte rund um die mutterliebe.
ein echter lesetip!

6.4.08

recht haben, recht bekommen

die zahnärztekammer westfalen-lippe hat - aus welchen gründen auch immer - ein Merkblatt zum Mutterschutzgesetz (MuSchG) unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen zur Gewährung der Elternzeit und des Elterngeldes im netz stehen, das aus der zeitschrift arbeitsrecht in der zahnarztpraxis stammt.

es verwundert einen ja doch immer wieder, zu welchen themen eigene zeitschriften existieren, aber offensichtlich gibt es einen markt für eine publikation zu arbeitsrechtlichen fragen in zahnarztpraxen in westfalen-lippe (ob das recht anderswo so sehr abweicht?), und eigentlich ist dieses merkblatt auch für nicht-zahnärzte eine gute infoquelle und somit allein deswegen schon eine erwähnung wert.

betrüblich wird es jedoch, blickt man auf die dortigen informationen zur gewährung der stillzeit gemäß MuSchG:

Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Freistellung der stillenden Mutter ist spätestens dann nicht mehr gegeben, wenn das Kind das 1. Lebensjahr vollendet hat (Arbeitsgericht Darmstadt v. 24.08.83, 5 Ca 7/83, s. a. LAG Niedersachsen v. 02.05.83, 13 Sa 4/83).
Eine äußerste zeitliche Grenze für den Anspruch auf Stillzeit ist in § 7 MuSchG nicht ausdrücklich vorgesehen. Nach den heutigen ernährungsphysiologischen und immunologischen Erkenntnissen ist jedoch i.d.R. ein über das erste Lebensjahr des Kindes hinausgehender Anspruch aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht mehr erforderlich.


was bitte bedeutet "aus gründen des gesundheitsschutzes"? ab dem ersten geburtstag des nachwuchses muss die gesundheit dann plötzlich nicht mehr geschützt werden?

und wieso werden die heutigen ernährungsphysiologischen und immunologischen erkenntnisse, die die WHO dazu bringen, eine mindestens zweijährige stillzeit zu empfehlen, einfach so außer acht gelassen? wir müssen ja wohl kaum annehmen, dass die WHO das nur so aus lauter spaß an der freude empfiehlt und sich all die studien, in denen die bedeutung einer langen stillzeit explizit betont wird, aus den fingern saugt. und seit dem jahr 1983 hat sich doch auch einiges getan.

liebe deutsche rechtsprechung, wach endlich auf und nimm die fakten zur kenntnis. auch nach dem ende des ersten lebensjahres ist das stillen für mutter und kind wichtig und damit ein gemäß MuSchuG schützenswertes gut. immerhin geht es nicht darum, sich mit irgendwelchen vorwänden ein bisschen länger vor der arbeit zu drücken, sondern um die physische und psychische gesundheit der kommenden generation.

es wird so viel geredet über die vereinbarkeit von familie und beruf. warum fängt man nicht genau hier an, bei der aktiven gesundheitsfürsorge durch das stillen, umgesetzt in einer stillfreundlichen arbeitszeitregelung?

die freistellung von der arbeit und gewährung von stillzeiten wird unter dem punkt "leistungen des arbeitgebers" aufgeführt. möchte der arbeitgeber denn lieber die ausfallzeiten der mutter in kauf nehmen, wenn das kind andauernd krank ist, weil es nicht oder nur kurz gestillt wurde? dann muss die mutter sich doch auch um das kind kümmern und kann nicht arbeiten.
warum also nicht gleich für gesunde kinder sorgen und die frauen stillen lassen? muss immer erst ein risiko künstlich hochgeschraubt werden, damit man sich danach darüber beklagen kann, dass es existiert?

arbeitgeber, die lieber männer einstellen, weil bei denen die gefahr des schwangerwerdens und sich danach um die kinder kümmerns nicht gegeben ist, gibt es genug. dass auch die rechtsprechung auf der seite der frauen ist, die ihre kinder nicht in den genuss der biologisch richtigen und natürlichen mehrjährigen stillzeit kommen lassen, ist überaus bedauerlich.

eine gesellschaft, in der man es sich leisten können muss, gesund zu sein, ist krank.

This page is powered by Blogger. Isn't yours?